Zwei drittel Urlaub, ein drittel Menno

by mogreens on März 28, 2023

Der frühmorgendliche Wunsch eines der Kinder das andere Elternteil, statt meiner, neben sich zu Wissen, gepaart mit dem missglückten Unterfangen eine lebendige Mücke in eine 2D Version ihrer selbst umzuwandeln, bringt mich in die Situation 2h vor Sonnenaufgang Muße und Setting vorzufinden um ein paar Worte loszuwerden. Wenn dieser wabblige Haufen den ich hinter der Stirn hab, nämlich erstmal anfängt, kleine und mittlere Fragestellungen anzuformulieren, ist das weiterschlafen, ganz ähnlich wie geradeaus laufen auf einem Schiff in hoher See, unmöglich. Ein Blick auf den Kalender verrät, dass wir unweigerlich das letzte drittel unserer Reise beginnen. Das „total verrückte“ Abenteuer hat, umgeben von Menschen die eine sehr ähnliche Vorstellung von einem optimalen deutschen Winter, nämlich eben diesen unter sommerlichen Bedingungen auf den Kanaren zu verbringen, schnell an „Verrücktheit“ verloren. Es gibt unzählige, vor allem deutsche, in allen Konstellationen und Alterspannen die dieselbe Idee, vermutlich schon seit Jahren in die Tat umsetzen, es ist ja auch keine schlechte. Ziel unserer Reise war rein geographisch (also der weitentfernteste Ort dieses Vorhabens), die Steilküste südlich von El Cotillio auf der Nordseite von Fuerteventura, dorthin hat es ein befreundetes Paar nebst ihrem Hund Mojo verschlagen, warum die das können und auch tun, soll in diesem Bericht keine weitere Rolle spielen, nur soviel sei dazu erwähnt: es führten keinerlei illegale Aktivitäten zu den Vorraussetzungen ein Leben auf den Kanaren in einem Wohnmobil auf unbestimmte Zeit verbringen zu können. Das übernachten in oder auf einem fahrbaren Untersatz ist auf Fuerteventura geduldet, solange es nicht zu einem klar sichtbaren „Campingverhalten“ kommt, diese, in meinen Augen, sehr fortschrittliche „Gesetzeslücke“ hat nicht nur uns (und das befreundete Paar) inspiriert, in einem geeigneten fahrbaren Untersatz für einige Zeit im öffentlichen Raum zu wohnen. Verglichen mit einem „normalen“ Touristen ist die Bilanz (grad der Zerstörung, an der sich irgendwie jeder beteiligt) für unseren Erdenball ziemlich naise, es wird nur ein sehr wenig (süß)Wasser verbraucht. Ich gehe sogar soweit, zu behaupten, dass ich noch nie so wenig Wasser verbraucht hab. Verglichen mit einem Menschen, der nicht sein Aufenthaltsort ändert, ist die Bilanz natürlich Murks, denn auch wir haben unzählige Tankfüllungen Diesel verbraucht und nicht nur das, getrunken wird Wasser aus Einweg-wasserkanistern, sogar Bananen sind in Plastik verpackt und ja, auch bei der diskreten Verklappung menschlicher Exkremente spielt Plastik keine unerhebliche Rolle. Zusammengefasst haben wir in den vergangenen 6 Wochen also recht wenig zur Rettung des Planeten beigetragen. Diese Reise ist für meine Engsten und Liebsten mit Sicherheit für einen sehr langen Zeitrahmen die letzte in ihrer Dimension, nächstes Jahr kickt die Schulpflicht und in 3 Jahren noch eine Schulpflicht, in der Annahme, dass an der deutschen Schulpflicht vorerst nicht gerüttelt wird, ist ein warmer Winter auf den Kanaren für die rund nächsten 18 Jahre gestrichen. Auch meinem Arbeitgeber und meiner Kollegin werde ich nur schwer ein weiteres mal vermitteln können, von Februar bis April nicht „da“ zu sein. Sei´s drum, ein drittel bleibt ja noch. So standen wir also südlich von Cottlio, erst mit noch weiteren Freunden und sogar der Bengel war ne knappe Woche da. Surfen, Bier saufen, kochen und leben, da vergeht die Zeit wie im Flug. Um den Schwager vom Hafen abzuholen, mussten wir kreuz und quer über die Insel, die ziemlich genau die Ausmaße von einer neueren GTA-Version hat. Also um von einer Ecke in die andere zu kommen, dauert es mit einem sehr langsamen Vehikel ungefähr 1,5h, querfeldein mit einem Quad vermutlich nur 20 min, macht aber keiner. Auf unseren 8qm Wohnfläche die gleichzeitig, Bett, Flur, Küche, Bad, Kinderzimmer und Schrank sind, waren wir für eine Woche also zu fünft, hatte ich mir schlimmer vorgestellt, allerdings kam mit jedem weiteren Tag etwas mehr „Campingverhalten“ zutage. So gleich geht die Sonne auf und zack kommt hier die erste Schlafmütze angetappelt, will Müsli und der letzte Tag an der spanischen Küste in El Picacho bricht an.